Samstag, 01.06.2019, ca. 4:30 Uhr. Irgendwas stimmt hier nicht. Unruhig wälze ich mich im Schlafsack hin und her. Nach einer weiteren Drehung bemerke ich es. Es ist gar nicht mehr so schön weich auf der Luftmatratze. Ich strecke den Kopf aus dem Schlafsack und suche das Ventil am Kopfende. Das ist aber zu. Seltsam. Ich versuche die Luftmatratze wieder aufzublasen, aber so wie ich die Luft reinpumpe, höre ich sie auf der anderen Seite wieder herauspfeifen. Ein Loch ist aber nicht zu sehen. Etwas genervt krieche ich zurück in den Schlafsack und versuche wieder einzuschlafen. Nach einigen Minuten gelingt es mir auch und ich schaffe es noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Als ich gegen 9 Uhr dann aus dem Zelt krabbele ist es noch ruhig auf dem Zeltplatz. Scheinbar können die Schweden nicht nur lange feiern, sondern auch lange schlafen. Ich frühstücke im nahegelegenen Gemeinschaftsraum und fülle dabei mein Reisetagebüchlein. Anschließend baue ich meine Dackelgarage zusammen, entsorge die kaputte Luftmatratze und radele zurück nach Ängelholm.
Die Suche nach einer neuen Luftmatratze
Am Marktplatz von Ängelholm ging ich als erstes in die Touristeninfo. Die Auswahl an Postkarten war zwar spärlich, aber ich fand trotzdem ein paar schöne. Danach machte ich mich auf die Suche nach einem Geschäft, in dem ich mir eine neue Schlafunterlage kaufen konnte. Dummerweise war das Einzige, das ich dort fand nach einem Ausverkauf endgültig geschlossen. Ich vergrößerte meinen Suchradius und fand schließlich auf der anderen Seite der Stadt in einem Industriegebiet mehrere Supermärkte. Beim zweiten Versuch war ich auch erfolgreich. Es war eine weitere Filiale von Clas Ohlson. In Malmö hatte ich bereits mein neues Fahrradschloss bei Clas Ohlson gekauft und nun kaufte ich mir eine selbstaufblasende Isomatte. Wieder am Fahrrad verstaute ich die neue Isomatte in meinen Taschen und konnte endlich meinen Weg fortsetzen.
Zurück auf Anfang
Schnell radelte ich durch die Stadt zurück zum Zeltplatz Råbocka Camping und setzte von dort meine Tour auf dem Kattegattleden fort.
Es war mittlerweile Mittag aber ich war guter Dinge und, wegen des ungeplanten Umwegs quer durch Ängelholm und zurück, Willens noch ein paar Kilometer hinter mich zu bringen. So trat ich munter in die Pedale und folgte dem Radweg entlang der Küste nach Norden. Je weiter ich fuhr, umso mehr nahm auch der Gegenwind zu. Also legte ich in Vejbystrand eine Mittagspause ein und stärkte mich, denn die Stärkung brauchte ich noch für den Tag.
Gegen Wind und Berge
Nach meiner Mittagspause setzte ich meinen Weg nach Torekov fort. Immer wieder blies mir der Wind kräftig ins Gesicht, was die Fahrt nicht unbedingt einfacher machte. Aber als ob der Wind allein nicht schon schlimm genug wäre, kamen auch immer mehr Hügel dazu. Nachdem ich in Torekov zwar die Fahrtrichtung wechselte und der Wind somit etwas nachließ, nahmen die Hügel unverhältnismäßig zu. Aber das wusste ich im Vorfeld schon. Die Etappe des Kattegattleden von Ängelholm nach Båstad hat die meisten Höhenmeter auf der gesamten Strecke. Der Wind hatte mittlerweile einige Wolken über den Himmeln geschoben, darum war es nicht allzu warm, denn die Anstiege wollten kein Ende nehmen. Nach jeder Steigung dachte ich, ok, das war’s jetzt… aber nein, es ging schnurstracks weiter zur nächsten Steigung.
Was hoch geht, kommt auch wieder runter…
Irgendwie, oder besser gesagt, irgendwann erreichte ich endlich den höchsten Punkt der Strecke. Ganze 160 m über dem Meeresspiegel liegt besagter Punkt, leider merkt man davon nicht wirklich etwas, denn mit herausragender Aussicht ist dort nichts. Stattdessen ging es auf einmal in kürzester Zeit rasend schnell bergab. Der Fahrtwind pfiff mir um die Ohren, die Bremsen quietschten und schon flog das Hinweisschild des Kattegattleden an mir vorbei. Mist… zu weit gefahren. Da die Straße links und rechts von einer Leitplanke begrenzt wurde, fuhr, bzw. rollte ich noch ein Stückchen weiter bergab und hielt auf einem kleinen Parkplatz. Endlich hatte ich wieder das Meer vor Augen. Ewig hatte ich mich die Berge hochgequält und in nicht mal 15 Minuten war ich wieder auf Meeresniveau zurück. Nach einer kurzen Pause, strampelte ich zurück zum verpassten Abzweig und rollte dann die letzten Kilometer bis Båstad.
Nach einer kurzen Runde durch das kleine, beschauliche Städtchen beendete ich meine 78 km lange Tour auf dem Zeltplatz Båstad Camping. Erst gönnte ich mir eine wohltuende, heiße Dusche für den Körper und dann ein paar leckeren Cookies für die Seele während ich im Gemeinschaftsraum die Postkarten, die ich noch in Ängelholm gekauft hatte, schrieb. Zum Abschluss des Tages füllte ich mein Reisenotizbüchlein, bevor ich wieder in meine Dackelgarage krabbelte und bald einschlief.
© nxcalibur, a.k.a. DER gÖTTERGATTE
„Das gilt in der Raumfahrt, im Beruf, in der Politik, an der Börse und beim Radfahren: Runter geht es immer schneller als rauf.“ Wolfgang J. Reus, deutscher Journalist, Aphoristiker und Lyriker, 1959 – 2006